Das prophezeite Ende des Swiss Banking kann Claude-Alain Margelisch, CEO der Schweizerischen Bankiervereinigung, nicht ausmachen. Seine Replik auf einen früheren Beitrag auf finews.first.


Dieser Beitrag erscheint in der Rubrik finews.first. Darin nehmen Autorinnen und Autoren wöchentlich Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen. Die Texte erscheinen auf Deutsch und Englisch. Die Auswahl der Texte liegt bei finews.ch.


finews.ch-Gründer Claude Baumann hat in einem kürzlich erschienenen Artikel das Ende des Swiss Banking angekündigt. Doch hat der Autor mit seinem Abgesang auch Recht? Viele Faktoren sprechen dafür, dass die Banken aktuell einen epochalen Wandel durchmachen. Aus diesem Wandel werden sie jedoch gestärkt hervorgehen. Ein Ende ist demnach nicht auszumachen, sondern vielmehr eine Entwicklung, die eine jahrhundertelange Tradition fortsetzt.

Unser Bankenplatz ist heute international wettbewerbsfähig und in der Schweiz eine Schlüsselindustrie für die ganze Volkswirtschaft. Diese traditionell wichtige Rolle unserer Finanzdienstleister kann auf zwei entscheidende Stärken zurückgeführt werden: Erstens baut das Swiss Banking auf ausgesprochen stabilen und wettbewerbsfähigen Standortfaktoren auf. Das Fundament, auf dem der Finanzplatz ruht, ist geprägt von Merkmalen wie politische und wirtschaftliche Stabilität, Rechtssicherheit und eine offene, liberale Grundhaltung. Diese Standortvorteile muss die Schweiz laufend pflegen und verteidigen.

«Das Swiss Banking muss sich wandeln»

Die zweite Stärke sind die Banken selbst: Der Bankenplatz besteht aus einer breiten Vielfalt von Instituten, die sich durch einen kompromisslosen Qua-litätsanspruch, hoch qualifizierte, erfahrene Mitarbeiter, Verlässlichkeit und Verantwortlichkeit auszeichnen. Die Schweizer Banken sind auch heute Weltmarktführer im grenzüberschreitenden Vermögensverwaltungsgeschäft. Dies ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass die Banken ihre Geschäftsmodelle im Zuge des automatischen Informationsaustauschs angepasst haben und auch heute für ausländische Vermögen attraktiv sind. Das zeigt ein Blick in die SNB-Statistik: Die in der Schweiz verwalteten Vermögen sind in den letzten Jahren stabil geblieben.

Verwaltete Vermögen nach Herkunft der Kunden

Verwaltete Vermoegen 508

(Quelle: Schweizerische Nationalbank, SNB)

Der internationale Wettbewerb im Private Banking hat sich deutlich verschärft. Das Swiss Banking muss sich wandeln und behaupten. Dabei kann der Finanzplatz Schweiz aus einer Position der Stärke agieren. Die Qualität der Dienstleistungen und die Nähe zum Kunden sind dabei entscheidend. Schweizer Banken sind entsprechend in Wachstumsregionen stark vertreten. Das Swiss Banking zeichnet sich immer mehr durch die Kombination aus Off- und Onshore Banking aus. Die Dienstleistung für den Kunden wird heute auch vor Ort erbracht, die «Produktion» erfolgt oft weiterhin aus der der Schweiz heraus.

«Ein leistungsfähiges Corporate-Banking-Geschäft unterstützt grosse und kleine Firmen»

Swiss Banking ist aber weit mehr als Vermögensverwaltungsgeschäft. Es besteht zu wesentlichen Teilen aus einem überaus wichtigen Schweizer Heimmarkt, der ebenfalls von einer vielfältigen Bankenlandschaft geprägt ist. Ausserdem bietet der Schweizer Finanzplatz national und international gefragte Dienstleistungen im Asset Management. Als führender Standort im europäischen Raum werden im Schweizer Asset Management Gelder in Höhe von 2'000 Milliarden Franken für in- und ausländische Investoren verwaltet. Ein leistungsfähiges Corporate-Banking-Geschäft unterstützt grosse und kleine Firmen in allen Facetten. Diese Vielfalt ist ein wesentliches Merkmal des hiesigen Finanzplatzes.

Das Swiss Banking hat Zukunft. Die beiden geschilderten fundamentalen Stärken – stabile und wettbewerbsfähige Standortbedingungen in der Schweiz und ausgezeichnete Qualität des Swiss Bankings – bilden eine einzigartige Kombination, die im internationalen Wettbewerb entscheidend ist. Gerade in Zeiten grosser geopolitischer Unsicherheiten werden Stetigkeit und Verlässlichkeit eher an Bedeutung gewinnen als verlieren.

«Die Swiss-Banking-Realität findet nicht mehr einzig in getäferten Privatbankiersstuben statt»

Stimmt ausserdem die Annahme der Boston Consulting Group, wonach die verwalteten Vermögen bis 2021 in der Schweiz um jährlich drei bis vier Prozent wachsen, sehen die Zukunftsaussichten insbesondere auch im Private Banking positiv aus. Auch eine aktuelle Studie der Credit Suisse zeigt ein optimistisches Bild vom Finanzplatz Schweiz, der am globalen Wachstum im Vermögensverwaltungsgeschäft massgeblich partizipieren kann.

Ein weiteres Zeichen für die Zukunftsfähigkeit unseres Finanzplatzes ist das vielfältige Fintech-Ökosystem, das in den letzten Jahren entstanden ist. Innovation ist ein kritischer Erfolgsfaktor – die Swiss-Banking-Realität findet längst nicht mehr einzig in getäferten Privatbankiersstuben statt.

Es gibt unzählige Beispiele von Neuerungen, Inkubatoren und Kollaborationen, an denen Schweizer Banken beteiligt sind, wie finews.ch selber immer wieder berichtet. Zusammen mit Politik und Behörden arbeitet die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) an der Schaffung eines innovationsfreundlichen Regulierungsrahmens und treibt Themen wie Schweizer Cloud-Lösungen, RegTech oder Blockchain mit hoher Priorität voran.

«Auf diese Weise bleiben Arbeitsplätze und Wertschöpfung in der Schweiz erhalten»

Den künftigen Erfolg hat der Bankenplatz auch selbst in der Hand. Das Ziel der SBVg ist es, die internationale Wettbewerbsfähigkeit weiter zu stärken. Auf zwei Ebenen müssen die Weichen heute richtig gestellt werden. Erstens gilt es laufend, den Standortbestimmungen Sorge zu tragen. So setzt sich die SBVg bei Bund und Behörden für einen innovationsfreundlichen Regulierungsrahmen ein. Eine gute Regulierung ermöglicht den Banken Wachstum und schnürt ihnen nicht die Luft ab. Regierung, Politik und Behörden dürfen ausserdem in ihren Anstrengungen für mehr wirtschaftliche Offenheit und besseren Zugang zu den wichtigsten Auslandsmärkten nicht nachlassen.

Zweitens werden die Banken selbst ihre Dienstleistungen und sich selbst laufend weiterentwickeln, um den Kundenbedürfnissen mit ausgezeichneter Qualität gerecht zu werden. Auf diese Weise bleiben Arbeitsplätze und Wertschöpfung in der Schweiz erhalten, auch wenn Banken morgen möglicherweise anders geschäften, als sie es heute tun. Swiss Banking wird sich ändern – bleibt aber spitze.


Nach Abschluss seines Rechtsstudiums an der Universität Bern erlangte Claude-Alain Margelisch das Advokatur- und Notariatspatent und arbeitete bis 1993 in einer Rechtskanzlei. Seit 1993 ist er für die Schweizerische Bankiervereinigung tätig und seit September 2010 deren CEO. Zuvor war er stellvertretender CEO und verantwortlich für den Bereich Internationale Finanzmärkte.


Bisherige Texte von: Rudi BogniOliver BergerRolf BanzSamuel GerberWerner VogtWalter WittmannAlfred Mettler, Robert HolzachCraig MurrayDavid ZollingerArthur BolligerBeat KappelerChris RoweStefan GerlachMarc Lussy, Nuno FernandesRichard EggerDieter RuloffMarco BargelSteve HankeUrs Schoettli, Maurice PedergnanaStefan Kreuzkamp, Oliver BussmannMichael BenzAlbert Steck, Andreas BrittMartin DahindenThomas FedierAlfred MettlerBrigitte Strebel, Mirjam Staub-Bisang, Thorsten PolleitKim IskyanStephen DoverDenise Kenyon-RouvinezChristian DreyerKinan Khadam-Al-JameRobert HemmiAnton AffentrangerYves Mirabaud, Hans-Martin KrausGérard GuerdatDidier Saint-GeorgesMario BassiStephen ThariyanDan SteinbockRino BoriniBert FlossbachMichael HasenstabGuido SchillingWerner E. RutschDorte Bech VizardAdriano B. LucatelliKatharina BartMaya BhandariJean TiroleHans Jakob RothMarco MartinelliBeat WittmannThomas SutterTom KingWerner PeyerThomas KupferPeter Kurer, Arturo Bris, Michel Longhini, Frédéric Papp, James Syme, Peter Hody, Dennis Larsen, Bernd Kramer, Ralph Ebert, Marionna Wegenstein, Armin JansNicolas Roth, Hans Ulrich Jost, Patrick Hunger, Fabrizio QuirighettiClaire Shaw, Michael A. WeltiPeter FanconiAlex Wolf, Dan Steinbock, Patrick Scheurle, Claude Baumann, Sandro OcchilupoClaudia Kraaz, Will Ballard, Michael Bornhäusser und Nicholas Yeo.
 

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.29%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.79%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.9%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.36%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.65%
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