Credit-Suisse-Chef Tidjane Thiam und Präsident Urs Rohner mögen wegen ihrer Löhne im Kreuzfeuer der Kritik stehen. Doch noch viel mehr Druck lastet auf dem Mann, der das Sorgenkind der Bank verantwortet.

Vom Saulus zu Paulus: so beschrieb finews.ch den Karrieresprung von Brian Chin, als dieser letzten September den in Ungnade gefallen Timothy O’Hara an der Spitze des Handelsgeschäfts der Credit Suisse (CS) ablöste. Der damals 39 Jahre junge Trader übernahm mit Global Markets die mit 1'600 Vollzeitstellen personell zweitwichtigste Sparte der Grossbank – und jene Division, die der Bankführung bis anhin das meiste Kopfzerbrechen bereitete.

Seit Chin das Steuer hält, haben sich die Hiobsbotschaften von Anfang 2016 nicht mehr wiederholt. Damals strich sich die Grossbank auf illiquiden Positionen ihrer Handelssparte mehr als 1 Milliarde Dollar ans Bein. Aber auch so blieb das Umfeld unergiebig. Unter Chin lieferte Global Markets im im letzten Jahresviertel 2016 mickrige 5 Millionen Franken Gewinn ab.

Das hässliche Entlein

Und der Job des Handelschefs bleibt schwierig – so schwierig wie kein anderer bei der zweitgrössten Schweizer Bank, findet etwa das britische Branchenportal «Efinancialcareers» (Artikel bezahlpflichtig).

Das ist nicht von der Hand zu weisen. Bankchef Thiam hat etwa das Verbriefungsgeschäft der Sparte schon als «hässliches Entlein» bezeichnet. Was nicht heissen will, dass seine Ansprüche an die Division geringer wären. Im Gegenteil. So sollen die Erträge von 5,6 Millarden Dollar im Jahr 2016 auf 6 Milliarden Dollar anwachsen, die Kosten von 5,3 auf 4,8 Milliarden Dollar sinken und die risikogewichteten Aktiven bei 60 Milliarden Dollar stabil bleiben.

Mit anderen Worten: Global Markets muss wesentlich mehr Ertrag und Gewinn einfahren. Dies jedoch mit weniger Personal und ohne mehr Risiken einzugehen.

Trader an der kurzen Leine

Keine leichte Aufgabe selbst für Chin, der im Handel mit Verbriefungen Karriere machte. Wie «Efinancialcareers» mit Verweis auf Insider berichtete, werden die CS-Trader jetzt schon an der kurzen Leine gehalten. Damit entgehen sie den grössten Risiken.

Aber sie verpassen auch die gewinnträchtigsten Wetten. Zudem sind in der Boni-verwöhnten Sparte die Vergütungen seit rund zwei Jahren unter Druck. Nicht alle Risikoträger bei der CS erhalten einen «retention bonus», eine goldene Fessel also. Damit drohen Chin nach der Logik der Branche, die einträglichsten Talente abzuwandern.

Die Schlappe von Goldman Sachs

Inzwischen sind auch die fetten Deals nicht mehr so einfach zu finden wie noch vor Monaten. Das zeigten jüngst die Zahlen der mächtigen amerikanischen Investmentbank Goldman Sachs im ersten Quartal 2017: Die Erträge im Handel mit Anleihen, Währungen und Rohstoffen stagnierten und blieben damit deutlich hinter den Markterwartungen zurück. Wie Chins Division in diesem Umfeld abgeschnitten hat, wird die CS-Quartalsrechnung am 26. April zeigen.

Sollte Global Markets erneut enttäuschen, muss Chin wohl seinen ganzen Charme aufbieten. Er gilt als charismatischer Manager und als Chef nach dem Herzen seiner Trader. Dies im Gegensatz zu CEO Thiam, dessen ungestümes Vorgehen im Zusammenhang mit den Abschreibern von Frühjahr 2016 die Global-Markets-Sparte an den Rande einer Rebellion brachte.

Thiams Mann

Gleichzeitig besteht kein Zweifel daran, dass Chin Thiams Mann im Handelsgeschäft ist. Bei Chins Ernennung stellte der CS-Chef fest: «Ich bin überzeugt, dass diese personellen Änderungen, die auf meinen Antrag vom Verwaltungsrat der Credit Suisse genehmigt worden sind, die Performance unserer Bank nachhaltig verbessern werden.» Thiam hat Chin seither wiederholt den Rücken gestärkt – zuletzt im vergangenen Februar, als der CEO Chin rühmte, dieser habe die Straffung seiner Division praktisch schon vollendet.

Umgekehrt ist es wohl für den Spartenleiter nur schwer möglich, sich den Plänen und Wünschen Thiams zu widersetzen.

Mehr Gewinn bei weniger Risiko, mehr Einsatz von den Mitarbeitenden trotz Lohneinbussen und Stellenabbau – und gleichzeitig loyal gegenüber dem Team und dem Chef auftreten: Investmentbanker Chin ist um seinen Job wahrlich nicht zu beneiden.

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