Mit der Ankündigung der Firma Veraison, ihre Aktivitäten einzustellen, verschwindet am Schweizer Markt eine bedeutende aktivistische Investorin. In diesem Bereich ist Sterling bereits seit mehr als 20 Jahren tätig. Angesichts dieser Entscheidung stellt sich die Frage, ob eine aktivistische Strategie noch gerechtfertigt ist, wie Giulia Nobili in ihrem Gastbeitrag auf finews.ch schreibt.

Von Giulia Nobili, Chairman of SSVL (Monaco) S.A.M. – Investment Advisor to Sterling Active Fund

Die Firma Sterling erwirbt Beteiligungen zwischen 2 Prozent und 10 Prozent an börsenkotierten Unternehmen in der Schweiz sowie an den wichtigsten europäischen Aktienmärkten; das tut sie mit einem Anlagehorizont von zwei bis vier Jahren. In der allgemeinen Wahrnehmung gelten aktivistische Investoren als potenzielle Bedrohung für Unternehmen, in die sie investieren.

Aktivisten üben Druck auf den Verwaltungsrat und das Management des Unternehmens aus, um bestimmte Ziele zu erreichen, zum Nachteil der Firma und ihrer «Stakeholder». Die aggressiveren Aktivisten wählen sogar offene Briefe und Pressekampagnen, um ihre Ziele zu erreichen. Demgegenüber agieren andere Aktivisten, die sich als «konstruktiv» bezeichnen, wie der Sterling Active Fund, hinter den Kulissen.

Doch wie kommen diese aktivistischen Investoren überhaupt dazu, das Management und den Verwaltungsrat einer Firma in Frage zu stellen, die Gültigkeit ihrer Verwaltung und Strategie anzuzweifeln und Initiativen zu unterstützen, die von der Führung nicht verfolgt werden?

Bedeutende Rolle an den Märkten

Nach über 16 Jahren in diesem Sektor habe ich oft gegen dieses Vorurteil gekämpft und erklärt, dass Aktivisten tatsächlich eine wichtige Rolle auf den Märkten spielen. Insbesondere bei kleinen und mittleren Unternehmen, die nicht über die notwendigen Ressourcen und Fähigkeiten verfügen, um gewisse Probleme zu lösen, ist dies der Fall.

Lassen Sie mich am Beispiel von Sterling kurz beschreiben, wie ein konstruktiver Aktivist arbeitet.

Detaillierte Analyse

Die Suche nach potenziellen Investitionen beginnt mit einer Auswahl von Unternehmen, deren Marktpreis nicht ihrem inneren Wert entspricht. Wir suchen nach Unternehmen, die aufgrund von «Stressfaktoren» ihr Potenzial nicht voll ausschöpfen können. Die Gründe können vielfältig sein: operativ, strategisch, bezogen auf Fremdkapital oder Kapitalallokation, Management, Governance, die Art und Weise, wie ein Unternehmen am Markt auftritt, und viele mehr.

Sobald diese Gründe identifiziert sind, beginnt die Suche nach Lösungen um eine Verbesserung der Situation zu erreichen. Diese werden dann dem Verwaltungsrat, dem Management und anderen Aktionären vorgelegt. Das Ziel ist genau dasselbe, was auch jeder Unternehmer in seiner eigenen Firma anstrebt – ob börsenkotiert oder nicht.

Es handelt sich um eine detaillierte Analyse des Unternehmens und der Branche, eine kontinuierliche Überprüfung der strategischen Position, der finanziellen Ressourcen, und Mitarbeitenden, die notwendig sind, um das Geschäft optimal auszuüben. Engagement und Hingabe, typisch für Unternehmer. In vielen Fällen haben das Management und der Verwaltungsrat nicht nur unsere Vorschläge positiv aufgenommen, sondern auch unsere Analyse wertgeschätzt und die Besonderheit dieses Beitrags von Aktionärsseite betont.

Auch Private-Equity-Fonds

Oft spielt der Aktivist, besonders wenn er bedeutende Beteiligungen erwirbt, die Rolle eines Unternehmers, indem er alternative Wege zu denen vorschlägt, welche das Unternehmen erfolglos verfolgt hat. Niemand würde behaupten, dass ein Unternehmer grundsätzlich schädlich für sein Unternehmen ist. Dennoch wird dieses Etikett oft gegen Aktivisten verwendet.

Auch Private-Equity-Fonds verfolgen das gleiche Ziel: Unternehmen zu verbessern, um ihren realen Wert vollständig zu realisieren. Der Unterschied zwischen Private-Equity-Fonds und Aktivisten besteht darin, dass letztere auf börsenkotierte Unternehmen zielen, ohne diese zwangsläufig zu privatisieren. Dieser Unterschied zwingt Aktivisten, anders zu operieren, da sie keine mehrheitliche Position besitzen und keinen Zugang zu vertraulichen Informationen haben.

Davon profitieren letztlich alle «Stakeholder» – das Unternehmen kann oft an der Börse kotiert bleiben, indem es seine Stressfaktoren löst. Warum also denken, dass der einzige Weg, um Dysfunktionen zu beheben, darin besteht, das Unternehmen von einem Private-Equity-Fonds übernehmen zu lassen, möglicherweise mit zusätzlicher Hebelwirkung, anstatt einen Aktivisten zu unterstützen, der versucht, Wert zu generieren, indem das Unternehmen börsennotiert bleibt?

Völlig unbegründet

Natürlich hängen Qualität und Ton des Dialogs mit einem Unternehmen sowie die Möglichkeit, zu einer gemeinsamen Lösung zu gelangen, auch von der Einstellung aller Beteiligten ab, sowie von der Art des «Stressfaktors»: Man kann nicht erwarten, dass ein Management kooperativ ist, wenn das Problem gerade in seiner Unfähigkeit oder Unangemessenheit liegt.

Daher kann daraus ein Konflikt entstehen – aber warum von der Annahme ausgehen, dass ein Management, das seine Ziele über viele Jahre hinweg nicht erreicht hat, per Definition recht hat und der aktivistische Aktionär unrecht? Und warum sollte per Definition der schädliche Akteur der Investor-Aktivist sein?

Die These, dass Aktionärs-Aktivisten schädlich für Unternehmen und den Markt sind, ist unbegründet, es sei denn, sie agieren mit ungerechtfertigter Aggressivität oder verfolgen kurzfristige Ziele. Etwas, das konstruktive Aktivisten klar vermeiden.

«Der Markt braucht uns»

Die 25-jährige Geschichte von Sterling, mit mehr als 61 Investitionen, von denen nur sechs ohne ein positives Ergebnis endeten, zeigt nicht nur, dass die konstruktive Aktivistenstrategie profitabel ist, sondern auch für die Unternehmen, deren «Stressfaktoren» gelöst wurden. Dadurch klärten sich Situationen auf, die für die Unternehmen selbst und den Markt schädlich waren.

Und die jüngsten Fälle, mit denen wir uns beschäftigt haben, sowie die Investitionen, die wir derzeit in unserem Portfolio betreuen und die zahlreichen potenziellen Investitionen, die wir identifiziert haben, zeigen, dass es bedeutende Möglichkeiten gibt, einzelnen Unternehmen zu helfen, die vor Herausforderungen stehen.

Gerade deshalb braucht der Markt weiterhin Aktivisten. Und deshalb ist es auch schade, dass Veraison beschlossen hat, den Fonds zu liquidieren, wodurch eine Lücke entsteht, die wir zusammen mit anderen europäischen Aktivistenfonds zu schliessen versuchen. Denn der Markt braucht uns.

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