Unternehmen sind an ihren Aktionärstreffen darauf bedacht, das Publikum möglichst nicht zu überraschen. Doch die heutige Generalversammlung der UBS – die erste nach dem offiziellen Zusammenschluss mit der Credit Suisse – birgt einiges an Unwägbarkeiten, wie finews.ch aufzeigt.

Die Generalversammlung der UBS findet wie im vergangenen Jahr in der St. Jakobshalle in Basel statt. Doch damit enden die Gemeinsamkeiten. Verabschiedete sich am 5. April 2023 noch der frühere CEO Ralph Hamers von den versammelten Aktionärinnen und Aktionären, hält am heutigen Mittwoch sein Nachfolger Sergio Ermotti (Bild unten) die Zügel fest in den Händen.

Vor allem aber markiert der heutige Mittwoch das erste ordentliche Aktionärstreffen seit der offiziell im vergangenen Juni erfolgten Übernahme der Credit Suisse (CS).

Es sitzen somit nicht nur zahlreiche von der Krisenbank übernommene Eigentümer im Raum; verhandelt wird auch über ein ganz anderes Unternehmen, das nach überwundener CS-Integration zur global führenden Privatbank aufsteigen will. Entsprechend gross ist das Potenzial für Überraschungen, bei einem gedrängten Programm mit 29 Traktanden. Das sind die sechs grössten Unwägbarkeiten:

1. Wer stellt die kapitale Frage?

Ob Monster-, Megabank oder G-SIB, also «Global systemically important bank»: Mit der Übernahme der CS avanciert die kombinierte UBS zu einem Koloss, dessen schieres Gewicht Regulatoren auch ausserhalb der Schweiz vor ganz neue Herausforderungen stellt. In einer Evaluation hat der Bundesrat jüngst nicht weniger als 22 Massnahmen vorgeschlagen, um den Steuerzahler bei einer erneuten Schieflage der UBS schadlos zu halten. Darunter findet sich auch die Forderung nach einer nicht genau definierten Erhöhung der Eigenmittel – auf jeden Fall soll diese «substanziell» ausfallen.

Das beisst sich mit den Versprechungen der UBS, nun Jahr für Jahr steigende Dividenden auszuzahlen und Milliarden für Aktienrückkäufe einzusetzen. Ebenfalls stellt die Grossbank ab 2026 eine zweistellige Eigenkapital-Rendite in Aussicht, die bis im Jahr 2028 etwa 18 Prozent erreichen soll (siehe Grafik unten). Bis 2030 geniesst das Institut zwar noch ein Eingenmittel-Moratorium. Doch danach steht im Raum, ob solche Zielwerte angesichts deutlich höheren Kapitalvorgaben überhaupt realistisch sind.

Man darf darauf gespannt sein, ob und wie die UBS-Führung sich am Mittwoch in Basel zu dieser kapitalen Frage äussert.

Garfik AGM 500

(Quelle: UBS)

2. Wagen die CS-Aktionäre den Aufstand?

Erstmals sitzen der UBS-Spitze auch die ehemaligen Eigentümer der Schweizer Erivalin gegenüber: Im Rahmen der CS-Übernahme wurden die Aktien der CS-Aktionäre im vergangenen Juni im Verhältnis von einer UBS-Aktie pro 22,48 ausstehende CS-Papiere umgetauscht. Die Stimmrechte der einst mehr als 4 Millionen ausgegebenen Titeln verminderten sich entsprechend.

Dennoch ist damit zu rechnen, dass die CS-Aktionäre an der Generalversammlung aufmucken. Hunderte von ihnen haben sich Sammelklagen vor dem Zürcher Handelsgericht angeschlossen, um Schadenersatz für den aus ihrer Sicht zu tiefen Kaufpreis zu verlangen, den die UBS bei der Notrettung der CS im März 2023 zahlte. Die Klagen richten sich direkt gegen die Grossbank – gegen jenes Institut also, dessen Aktien sie nun zwangsweise halten.

Gut möglich, dass jenes Lager nun seinem Ärger Luft macht oder sich bei den Abstimmungen gar gegen den Strom stellt.

3. Wer regt sich auf über den Mammut-Bonus von Sergio Ermotti?

Der CEO der UBS hat für seinen Einsatz im Ausnahmejahr 2023 rund 14,4 Millionen Franken erhalten, den Grossteil davon als Bonus. Das ist für Ermotti selber ein Rekord und platziert ihn mit Abstand an der Spitze der Bankchefs in Europa. Das geht nicht nur manchen Politikern über die Hutschnur: Die Schweizer Aktionärsvertreter Actares und die Ethos Stiftung haben sich bereits im Vorfeld gegen den Vergütungsbericht gestellt. Actares hält Ermottis Lohn für masslos übertrieben.

Ermotti 503

(Bild: UBS)

Angesichts der beachtlichen Kursgewinne, der bisher pünktlichen Abwicklung der CS-Integration und der üppigen Gewinnverteilung dürfte der Vergütungsbericht aber wohl durchgewunken werden. Damit verpassen die Eigentümer möglicherweise eine Chance zur Korrektur: Der Trend bei den Manager- wie bei den Verwaltungsrats-Salären zeigt bei der Bank nach oben. Das Aufsichtsgremium will sich eine 9 Prozent höhere Lohnsumme auch bis zur Generalversammlung des nächsten Jahres zusichern lassen.

4. Wie war das nochmal mit der Kohle?

Die Ethos Stiftung und Actares lehnen auch den von der UBS vorgelegten Nachhaltigkeits-Bericht ab. Die «Sustainability» der Schweizer Grossbanken war in vergangenen Jahren ein beliebter Angriffspunkt für NGO und Umweltaktivisten – erinnerlich ist der Coup von Greenpeace, deren Aktivisten (Bild unten) sich im Jahr 2017 über der Generalversammlung der CS im Zürcher Hallenstadion abseilten.

Zu reden geben dürfte diesmal die Zusammenführung der Nachhaltigkeits-Bestrebungen der beiden Geldhäuser und deren Nachholbedarf in der Thematik. So haben in den vergangenen Monaten die neuen Dekarbonisierungsziele der UBS für Schlagzeilen gesorgt, oder das Engagement der CS bei der Finanzierung von Frachtschiffen.

Greenpeace 500

(Bild: Greenpeace)

5. Wie aktiv wird der schwedische Aktivist?

Vergangenen Dezember hat sich die schwedische Beteiligungfirma Cevian mit 1,2 Milliarden Euro an der UBS beteiligt. Der Einstieg ging mit hohen Erwartungen seitens der Finanzinvestorin einher. Diese hofft, dass der Aktienkurs der Grossbank mittelfristig auf 50 Franken klettert. Aktuell – und nach einem «Run» von gut 60 Prozent seit der Übernahme der CS – notieren die Titel aber nur halb so hoch, bei rund 25.70 Franken.

Cevian ist nun nicht fürs Zusehen bekannt. Die Schweden haben sich einen Namen als aktivistische Anleger gemacht, in der Schweiz etwa bei den Konzernen ABB und Panalpina. Es fragt sich also, ob sie sich an der Generalversammlung mit Voten zu Wort melden, um die Schlagzahlt bei der Grossbank noch zu erhöhen. Eine Anfrage von finews.ch dazu blieb seitens von Cevian unbeantwortet.

6. AT1 – das war doch noch was?

In den vergangenen Wochen hat die UBS noch ein Traktandum zur Agenda der Generalversammlung hinzugefügt. Die Aktionäre sollen die Schaffung von bis zu 70 Millionen Dollar an Wandlungskapital bewilligen, das entspricht in Namenaktien immerhin 20 Prozent des aktuellen Aktienkapitals. Mit dem Kapital will sich die UBS mehr Spielraum für die Ausgabe von Pflichtwandelanleihen (AT1-Bonds) verschaffen. Diese würden bei der Stabilisierung der Bank im Krisenfall zum Einsatz kommen.

Das Vorhaben dürfte bei manchen Investoren böse Erinnerungen wecken. Bei der Notrettung vom März 2023 musste die CS auf Geheiss der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) eigene AT1-Anleihen im Gegenwert von fast 16 Milliarden Franken abschreiben. Das führte zu einem Aufschrei an den Finanzmärkten und hat seither ebenfalls Kläger in Bewegung gesetzt: Eine enstprechende Beschwerde ist vor dem Bundesverwaltungsgericht hängig.

Diese zielt jedoch nicht auf die UBS, sondern auf die Finma und – in der Verlängerung – auf die Schweiz.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
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