Durch den Lockdown habe er seine Kunden auf einer anderen Ebene kennengelernt, sagt Eric Syz im Interview mit finews.ch. Diese Erfahrung werde prägend sein für die Zeit nach der Coronakrise. Er will auch weiteres Personal engagieren und in Zürich ausbauen.


Herr Syz, Sie haben für 2019 erstmals einen Jahresabschluss für die Bank sowie für die Syz-Gruppe vorgelegt. Während die Bank einen Gewinn erzielte, erlitt die Gruppe einen Verlust. Warum?

Primär ging es uns darum, mehr Transparenz zu schaffen und dabei zu zeigen, wie sich unser Kerngeschäft, also die Privatbank, entwickelt. Fast alle Verluste der Gruppe sind direkt auf die Oyster-Fondspalette zurückzuführen, die wir gerade verkauft haben. Wir hatten für dieses stark retailgetriebene Geschäft nicht die kritische globale Grösse.

Künftig konzentrieren wir uns auf das Private Banking, auf die institutionelle Vermögensverwaltung sowie auf liquide und illiquide alternative Investments über die Tochtergesellschaft Syz Capital.

Rechnen Sie im laufenden Jahr aufgrund der Coronakrise erneut mit einem Verlust?

Wir werden versuchen, das Beste aus der Situation zu machen. Natürlich wird es einen Volumenausfall geben, weil weniger gehandelt und investiert wird. Unser Investitionsansatz wird jedoch auch im Jahr 2020 erfolgreich sein – im Vergleich zu unseren Mitbewerbern konnten wir Renditen im obersten Quartil erzielen.

«Homeoffice ist ein langfristiger Trend»

Umso mehr werden wir versuchen, unseren Kunden einen Mehrwert zu bieten, für den sie auch bereit sind, etwas zu bezahlen. Selbstverständlich werden wir auch ein Auge auf die Kosten haben. Aber wir werden auch neue Leute einstellen, um uns weiterhin gut für die Zukunft aufzustellen. Alles in allem dürfen wir nicht vergessen, dass wir als Branche in dieser Krise extrem privilegiert waren.

Wie meinen Sie das?

Im Gegensatz zu vielen anderen Industrien konnten wir unser gesamtes Geschäft innert einer Woche auf Homeoffice umstellen, so dass der Betrieb reibungslos weiterging. Dabei haben wir extrem hohe Handelsvolumen bewältigt und abgewickelt.

Nun sind wir daran, den Weg zurück in die Normalität zu finden. Unter Einhaltung der behördlichen Vorschriften wird die Hälfte der Beschäftigten schon bald wieder im Büro arbeiten.

Wird Homeoffice bei der Bank Syz in Zukunft kein Thema mehr sein?

Doch, doch. Ich denke sogar, dass Homeoffice ein langfristiger Trend ist. Es wird immer mehr Leute geben, die zwei, drei Tage pro Woche von zu Hause aus arbeiten werden. Studien belegen ja auch, dass die Menschen im Homeoffice ebenso wenn nicht noch produktiver sind.

«Eigentlich ist es keine Kunst Milliarden zu bolzen, wenn man damit praktisch nichts verdient»

Insofern begrüsse ich diese neue Arbeitsform und werde sie auch bei uns vorantreiben, weil sie allen eine bessere Lebensqualität bietet und die Leute somit auch motiviert. Klar ist aber auch, dass wir, wie viele andere Unternehmen, wesentlich weniger Büroraum benötigen werden. Insgesamt wird diese Entwicklung den Markt für Gewerbeimmobilien enorm treffen.

Welche Erfahrungen ziehen Sie persönlich aus dem Lockdown?

Wir sind den Kunden eindeutig näher gekommen.

Das müssen Sie uns etwas genauer erklären.

Wir haben sie auf einer anderen Ebene kennengelernt. Früher hat man eher mit den Kunden telefoniert, sie ein paar Mal im Jahr besucht. Mit den Video-Tools hatten wir nun viel häufiger einen persönlicheren Kontakt und jederzeit direkt mit den Kunden kommunizieren und ihnen Einschätzungen und Analysen von unseren Spezialisten anbieten.

Die meisten Kunden haben sich auch sehr schnell daran gewöhnt und waren bereit, da mitzumachen. Natürlich ersetzt das den persönlichen Kontakt nicht. Aber es ist ein riesiger Fortschritt, der bleiben wird.

Im Geschäftsbericht schreiben Sie, dass Sie kein Wachstum um jeden Preis anstreben. Sind Sie durch die Coronakrise bescheidener geworden?

Das hat nichts damit zu tun. In der Vergangenheit ging es im Private Banking vor allem ums Wachstum der verwalteten Vermögen. Man hat unsere Gilde immer danach gemessen. Doch eigentlich ist es keine Kunst, Milliarden zu akquirieren, wenn man damit praktisch nichts verdient.

«Das nenne ich die Demokratisierung von Investments»

Mich erinnert das immer an die Situation im Japan der 1980er-Jahre. Damals hat man diese japanischen Mega-Banken nicht mehr an ihrer Profitabilität gemessen, sondern an ihrem Ertragswachstum. Das war völliger Unsinn. Und deshalb haben wir seit geraumer Zeit einen anderen Fokus.

Welche Messlatte legen Sie denn an?

Als Gruppe wollen wir Kundenvermögen verwalten, bei denen wir in der Lage sind, einen erheblichen Mehrwert zu schaffen und daher eine respektable Marge erzielen. Die verwalteten Vermögen (Assets under Management, AUM) zählen für uns nicht so sehr wie die Rentabilität dieser Vermögenswerte. Das zwingt uns, innovativ zu sein – mit aktivem Anlagemanagement oder mit der Demokratisierung von alternativen Anlagen, auch illiquiden.

Was muss man sich darunter vorstellen?

Investitionen in Private Equity sind relativ illiquide und zumeist nur für sehr grosse Anleger mit mehreren Millionen Franken zugänglich. Mit unserer Tochtergesellschaft Syz Capital beteiligen wir uns als Familie selber an solchen Deals und geben unseren Kunden die Möglichkeit, mit kleineren Tranchen auch dabei zu sein. Das nenne ich die Demokratisierung von Investments.

Wird die Welt nach Covid-19 eine andere sein?

Die Welt nach Covid-19 wird anders aussehen, auch in der Kundenbetreuung. Natürlich bleibt einiges auch gleich, aber ich sehe eine grosse «Japanification», das heisst anhaltende niedrige, Null- oder sogar Negativzinsen und keine Inflation.

Was ist zu befürchten?

Da muss man sich grundlegend neu orientieren und Investments finden, die trotzdem noch eine Rendite abwerfen. Also alternative Anlagen, die nicht mit der Börse korrelieren. Das haben wir bereits im vergangenen Jahr antizipiert, ganz generell und haben angesichts der hohen Bewertungen sehr viele Absicherungen vorgenommen.

«Bei Private Equity setzen wir auf versteckte Schätze, wie Litigation-Finance oder Film- und Musikrechte»

Das hat zwar etwas gekostet an unserer Performance, doch in diesem Jahr lagen wir damit goldrichtig. Und sind damit der Konkurrenz für diskretionäre Mandate um mindestens 2 bis 4 Prozentpunkte voraus. Und die Börse bleibt volatil. Bei Private Equity setzen wir auf versteckte Schätze, wie Litigation-Finance oder Film- und Musikrechte.

Das sind attraktive Nischen, wo man normalerweise unabhängig vom Börsengeschehen Geld verdienen kann. Und wir sitzen im gleichen Boot mit unseren Investments wie unsere Kunden.

Die Bank Syz tritt vermehrt in der Deutschschweiz auf, und Syz Capital operiert sogar mehrheitlich von Zürich aus. Sind Sie daran, ihre Präsenz in der Limmatstadt, wo auch Ihre Familie ihre Wurzeln hat, systematisch auszubauen?

Ja, es ist unser Ziel, den Standort Zürich auszubauen, zumal wir als Familie unsere Wurzeln hier haben, und Zürich einen grossen Pool an Talenten bietet.

Zürich zum Hauptsitz von Syz zu machen – ist das eine Option?

Vorläufig ist das keine Option. Dafür ist unser Geschäft in Zürich noch nicht gross genug, aber es ist ein wichtiger Standort für uns, zumal meine beiden Söhne teilweise von Zürich aus arbeiten. Sobald es so gross ist wie Genf, können wir über einen gemeinsamen Hauptsitz nachdenken, aber sowohl Genf als auch Zürich werden immer sehr wichtig für uns sein.


Der 62-jährige Eric Syz ist Co-Gründer und CEO der Genfer Syz-Gruppe. Im Jahr 1975 machte er ein Bankpraktikum bei der Zürcher Bank Guyerzeller, bevor er von 1977 bis 1979 bei S.G. Warburg (heute UBS) in London tätig war. Zwischen 1981 und 1984 arbeitete er als Investmentbanker beim amerikanischen Finanzkonzern Paine Webber (heute UBS) an der Wall Street. In der Folge kehrte er in die Schweiz zurück, wo er von 1984 bis 1995 für die Privatbank Lombard Odier tätig war. Im Jahr 1996 gründete er zusammen mit Alfredo Piacentini und Paolo Luban die in Genf domizilierte Banque Syz & Co. Die Syz-Gruppe verwaltete Ende 2019 mit rund 500 Mitarbeitenden weltweit 27,4 Milliarden Franken.

 

 

 

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